100 % biologisch abbaubare Kapseln – was heisst das eigentlich?

Seit einiger Zeit werben Produzenten für Kaffee aus der Kapselmaschine mit 100 % biologisch abbaubaren Kapseln ohne Aluminium oder Plastik. Bislang kritisierten Umweltschützer den weltweiten Verbrauch von etwa 59 Milliarden Kaffeekapseln pro Jahr. Deshalb suchten Fabrikanten nach einer umweltfreundlichen Alternative zu den herkömmlichen Kapseln. Heute versprechen Nespresso & Co. eine einfache Lösung für sauberen Kaffeegenuss mit gutem Gewissen: 100 % biologisch abbaubare Kapseln. Es stellt sich die Frage, wie umweltfreundlich diese Kaffeekapseln tatsächlich sind.

Was bedeutet „biologisch abbaubarer Kunststoff“?

100 % biologisch abbaubare Kapseln bestehen aus Biokunststoff. Künstlich hergestellte Werkstoffe werden als „Kunststoff“ bezeichnet, ganz gleich, aus welchen Ausgangsstoffen sie bestehen. Handelsübliches Plastik wird zum Beispiel aus fossilen Rohstoffen hergestellt: zumeist aus Abfallprodukten bei der Raffinerie von Erdöl. Es gehört zu den sogenannten „rohstoffbasierten Kunststoffen“. Einige davon – beispielsweise PCL, PBAT oder PBS – sind biologisch abbaubar und werden umgangssprachlich „Biokunststoff“ genannt.

Biologisch abbaubare Kunststoffe bestehen also nicht immer aus Rohstoffen wie Zellulose, Glukose oder Bambus. Die Biokunststoffe PHA, TPS oder PLA bestehen jedoch tatsächlich aus nachwachsenden Rohstoffen. Sie sind biobasiert und ausserdem biologisch abbaubar. Hier geht es um wirklich umweltfreundliche Biokunststoffe. Auf europäischer Ebene wurden die Regelungen für bioabbaubare Kunststoffe – unabhängig von ihren Ursprungsstoffen – in der EN 13432 festgelegt. Als „vollständig kompostierbare Kunststoffe“ dürfen nur Materialien bezeichnet werden, die folgende Kriterien erfüllen:

• Negativer Test auf Schwermetalle und Analyse aller Inhaltsstoffe
• Nicht mehr als 10 % Rückstände in einem 2mm-Sieb nach 12 Wochen Kompostierung
• 90 % des organischen Materials müssen in 6 Monaten in CO2 umgewandelt sein
• Negative Analyse der Ökotoxizität
• Keine negative Wirkung auf das Wachstum von Pflanzen
• Keine negativen Auswirkungen auf den (industriellen) Kompostierungsprozess

Gehören biologisch abbaubare Kaffeekapseln in den Kompost?

Trotz der lobenswerten Bemühungen einiger Hersteller, umweltfreundliche Kaffeekapseln zu produzieren, funktioniert deren Entsorgung noch nicht ganz problemlos. In den meisten Kompostierungsanlagen werden heute noch Produkte und Verpackungen aus Biokunststoff – genau wie anderes Plastik – vor dem Kompostierungsvorgang aussortiert. Von dort aus gelangen sie unmittelbar zu Müllverbrennungsanlagen.

Wenn Biokunststoff trotzdem in die Kompostierung gelangt, braucht er sehr lange zum Verrotten. Laut Herstellerangaben sollen sich die biologisch abbaubaren Kaffeekapseln bei industrieller Kompostierung jedoch innerhalb von vier bis zwölf Wochen vollständig zersetzen. Zahlreiche Unternehmen aus der Abfallwirtschaft bezweifeln das und sortieren deshalb nach wie vor sämtlichen Biokunststoff aus.

Einige Umweltverbände sind dafür, biologisch abbaubare Kapseln vorläufig in den Restmüll zu geben – was nicht ganz im Sinne des Erfinders ist. Allerdings eignen sich diese Kaffeekapseln tatsächlich nicht zum Kompostieren im eigenen Kompost. Dort herrschen wesentlich geringere Temperaturen als in einer industriellen Anlage. Es würde mindestens sechs bis zwölf Monate dauern, bis sie sich endgültig aufgelöst hätten. Das aktuelle Entsorgungsproblem liegt offensichtlich nicht an den Kapseln, sondern an der industriellen Infrastruktur.

Sind 100 % biologisch abbaubare Kapseln umweltfreundlich?

Biologisch abbaubare biobasierte Kaffeekapseln können problemlos in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden, ohne die Umwelt zu schädigen. Was aktuell noch fehlt, sind entsprechende industrielle Infrastrukturen. Aber selbst wenn die Kapseln in der Verbrennungsanlage landen: Kaffeekapseln aus pflanzlichen Rohstoffen sind bei der Verbrennung CO2-neutral.